Im zentralen Mittelmeer haben Alarmphone und die NGO-Flugzeuge Colibri und Moonbird in den letzten 37 Stunden über 700 Boat-people auf mehreren Schlauchbooten erkannt und ihr SOS mit allem erdenklichen Nachdruck an die Seenotrettungsleitstellen weitergegeben. Nach dem Schweigen, das einen Tag andauerte, gibt die maltesische Seenotrettung heute Nachmittag bekannt, dass sie insgesamt 370 Boat-people gerettet hat. Die sogenannte libysche Küstenwache, die sich zu Übungen ganz woanders aufhielt, will 80 Boat-people aufgegriffen und in die libyschen Folter- Gefängnisse zurückgebracht haben. Wieviel Tote bei den heutigen Seenotrettungen gesichtet oder geborgen wurden, gaben weder die Malteser noch die Libyer bekannt. Gerettete berichten auf Malta von Toten.
Fotos und ein Video der heutigen Schiffswracks, aufgenommen von den NGO-Flugzeugen, veröffentlicht soeben die italienische Tageszeitung Avvenire. Zu erkennen sind Schiffbrüchige, die kurz vor dem Sinken ihrer Boote dokumentiert wurden.
Nach einfacher Zählung fehlt von über 250 Boat-people im zentralen Mittelmeer jede Spur. Nach eineinhalb Tagen zahlreicher SOS-Rufe, Abwarten und Verstummen ihrer Telefone müssen wir davon ausgehen, dass sie heute ertrunken sind.
Sergio Scandura vom italienischen Radio Radicale hat Luftaufklärungs-Fotos veröffentlicht, die die sogenannte libysche Küstenwache benutzt hat, um Push-Back-Einsätze durchzuführen. Da die Libyer nicht über die entsprechende Luftaufklärungstechnik verfügen, können diese Fotos nur von Frontex oder der EU-Militäroperation Eunavfor stammen. Die EU-Staaten haben dafür gesorgt, dass ihre Küstenwachen aus dem zentralen Mittelmeer weitgehend abgezogen und ihre Seenotrettungsleitstellen für SOS-Meldungen oftmals nicht mehr erreichbar sind, und sie haben einen informationellen Black-Out über das Geschehen im zentralen Mittelmeer verhängt. Zeitgleich werden jetzt Nachweise dafür erbracht, dass die EU mithilfe der EU-ausgebildeten sogenannten libyschen Küstenwache und mithilfe der EU-Luftaufklärung die völkerrechtswidrigen und unmenschlichen Push-Backs zurück in die libyschen Gefängnisse koordiniert, die ebenfalls von der EU finanziert werden.
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